Bericht im Taufbuch Montlingen (17. Oktober 1815)
Merkwürdigkeit der politischen Welt
ad memoriam perpetuam.
Der über die 20 Jahre Europa uberschwemmende alles um=
stürzende und verheerende französische Krieg fand entlich
im Jahr 1813 durch die Koalition der europischen Mächte
als Kaiser Franz II von Osterreich, Kaiser Alexander I
von Rußland, König Friderich Wilhelm von Preußen,
König Georg von England, und aller neüen von Frank=
reich creirten Kämpen, Herzogen und Fürsten sein Endt.
Frankreich wurd erobert - ihr Kaiser Napoleon Bonapart
gefangen, und auf die Insel Elba ins Exilium verwisen.
Ohngeachtet uber die Großmuth der hohen Allirten Frankreich [?]
Existenz garantierte, nicht Eroberung sondern nur den Welt
friede zur Absicht hatte, so konnte sich der Stolz der Franzosen
nicht schiken, sondern dürstete immer noch nach Menschenblut.
Napoleon ihr Kaiser wurde wider auf französischen Boden
herbeygelokt - er erschien - und die Fakel des Krieges wird
wieder angezündet. Die lezte Dinge waren ärger als die
ersten.
Dieser unerwarthete Meteor verstärkte die Aufmerk=
samkeit der gespotteten Hohen Mächte. Mit vereinten
Kräften machten sich hochdieselben in ungeheurer Macht auf,
schlugen Frankreich wieder - sezten den König Ludwig den
18ten wieder ein und Napoleon wurd in die Insel Helena
unter Aufsicht der Allirten gestgesezt.
Aus dieser Veranlaßung hatten Dausende [taudende] das Ver=
gnügen und Ehre Monarchen zu sehen, welches Jahrhunderten
nicht gegönnt war. Vorzüglich erfreute sich die Schweitz und
Vorarlberg über die hoche Gegenwart der großen Kaiser von
Rußland aund Osterreich. Jener reißte von Konstanz dem Boden=
see entlang auf der Schweizerseite über Rorschach, ließ sich mit
Verbettung aller Ehrbezeügung bey Höchst über den Rhein stossen.
Diser aber nach wenigen Tagen paßirte über St: Gallen, wo
man ihm die erdenklichste Ehre bewiß nach Bregenz, Feldkirch,
Bludenz ins Tirol nach Insbruk und von dort auf Mayland,
und Besitzunge von derer ihre wieder zugestellten Ländern
in Italien zu machen. Welcher Jubel und Freude das frohe
Volk Vorarlbergs über ihren wieder gefundenen Monarchen äußerte,
ist nicht zu beschreiben. Alles nur erdenkliche ersann man am 18ten
8ber 1815 in Feldkirch wo ich Augenzeuge war, dem erhabenen
Kaiser Franz als hochgepriesenen Landesvater zu Ehren.
Franz zeigt überal sein hohes Wohlgefallen - Er habts mich
in den Händen, machts mit mir was es wolt, sagt der ge=
neigte Monarch zum Volke, ist es ihrer der Ehrbezeugungen dem
unterthänigsten Antrag machte.
Kaiser Franz ist ein langer hagerer Mann. Sein Gesicht
sch... lang und mager; seine Harre a la Titus, seine
Kleidung ...stens einfach. Seine Gebärden ...
Er gab jederman Audienz, der sich vorher melden ließ.
Seine Begleitung von einem Kämmerer und eigen Offizieren,
...
Glüklich ein Monarch eines so treüen Volkes!
Montlingen, den 17then 8bre 1815 - Pfarrer Joseph Breu
NB: hieher eingerükt, weil in Aberblättern 2 foi ein Blat genommen
eine Lüke sich zeigte.
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