Fischer gegen Schnÿder und Beck

Vorgeschichte

Julius Schÿder und Josef Beck (Besitzer des Bahnhofsrestaurants in Sursee) möchten nicht, dass Johann Fischer sein Abwasser auf die Strasse abfliessen lässt. Ebenso hat Johann Fischer einen Marchstein entfernt.

Verfügung Justizkommission (Kanton Luzern)

In Rekurssachen
Herrn Fürsprech Albusser namens Johann Fischer,
Weinhandlung in Sursee, Rekurrent,

gegen

Herrn Fürsprech Julius Bert namens
1. Julius Schnyder, alt Regierungsrat in Sursee,
2. Josef Beck, zum Bahnhofrestaurant in Sursee,

Verfügung Justizkommission (Kanton Luzern)

Opponenten

betreffend

ein unterm 15. Februar abhin erlassenes "Verbot und Be-
fehl" des Gerichtsvizepräsidenten von Sursee, wodurch
1. dem Rekurrenten gerichtlich verboten worden ist, das
Abwasser von seiner Liegenschaft auf die von den Opponen-
ten erstellte und denselben gehörende neue Bahnhofstraße
in Sursee abzuleiten. 2. demselben befohlen worden ist,
das Trottoir genannter Straße sofort in den frühern Zu-
stand wieder herzustellen und den beseitigten Marchstein
in der nordwestlichen Ecke seines Grundstücks - Ecke gegen
den Bahnhofplatz und die neue Eisenbahnstraße - sofort

Verfügung Justizkommission (Kanton Luzern)

durch einen beeidigten Geometer auf seine Kosten wieder
herstellen zu lassen,

hat

nachdem unterm 22. März abhin in Sursee an Ort &
Stelle ein Augenschein vorgenommen worden war,
nach Kenntnisnahme von den beiderseitigen Anbringen
und Prüfung der Sache,

erwägend:

1. daß vorab der wegen mangelnder Motivierung
vom Rekurrenten gemachten Anregung auf Kassa-
tion folge zu geben ist, indem derselbe allerdings
keine ausführliche Begründung im Sinne des §10 Abs.2
des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 10. September 1842,
dagegen immerhin eine summarische Angabe der
Partei anbringen und vorgenommenen Amtshand-
lungen, sowie einen Hinweis auf das Gesetz enthält,
was nach hierortigem Erachten genügend ist,

2. daß sodann in der Hauptsache vorerst die Frage ent-
steht, ob die Ableitung von Abwasser von der rekur-
rentischen Liegenschaft auf die opponentische Banhnhof-
straße eine Besitzesstörung gegenüber den Opponen-
ten invokiere, welche diesen einen Anspruch auf
Besitzesschutz nach §334ff der e. L.R.V. gibt.

3. daß diese Frage grundsätzlich zu bejahen ist, in-
dem Opponenten laut Gesetz zur Aufnahme dieses künst-
lich zugeleiteten Abwassers auf erwähnte Straße
nur dann gehalten wären, wenn in dieser Richtung

Verfügung Justizkommission (Kanton Luzern)

ein Servitut zu Gunsten der rekurrentishen Liegenschaft
bestünde, eine bezügliche kaufbriefliche Bestimmung je-
doch diesfalls nicht ersichtlich ist, und auch ein Nachweis
dafür, daß Rekurrent in Ausübung eines bezügli-
chen Servitutsrechtes in jüngstem redlichen Besitze sich
befinde, vorliegend mangelt.

4. daß sodann bezüglich der verfügten Wiederherstel-
lung fragl. Trottoirs in den früheren Zustand dem re-
kurrierten Entscheide inzwischen tatsächlich nachgelebt
worden ist, indem wie sich beim Augenschain ergeben
und vom Vertreter des Rekurrenten und dem anwe-
senden zweitbenannten Opponenten damals ausdrück-
lich anerkannt wurden, der Zustand des Trottoirs nun-
mehr ein vormaler, keine Veränderung des vorheri-
gen Besitzstands involvierender ist, weßhal der Re-
kurs in dieser Hinsicht gegenstandslos erscheint;

5. daß dabei aber immerhin konstatiert werden darf, daß
zur Zeit des Erlasses der angefochteten Verfügung
letztere begründet war, indem Opponenten durch Be-
scheinigung zweier Zeugen, welche durch die Erklä-
rung der Rekurrent'schen Zeugen vom 22. März nicht
entkräftet wird, - dargetan haben, daß Rekurrent
am 20. März abhin durch Arbeiter eine Veränderung
des Niveau des Trottoirs auf der Seite seines Neu-
baues vornehmen, also den beim Augenschain der
Justizkommission konstatierten Zustand herstellen
ließ, was im Kostenpunkte zu berücksichtigen ist;

6. daß was endlich den Marchstein in der nordwest-

Verfügung Justizkommission (Kanton Luzern)

lichen Ecke der rekurrent. Liegenschaft betrifft, dessen
Wiederherstellung dem Rekurrenten erstinstanzlich be-
fohlen wird, die frühere Existenz eines solchen vom Re-
kurrenten bestritten und von den Opponenten nicht nach-
gewiesen ist, was die Aufhebung des rekurrierten
Entscheides in dieser Richtung und die Verweisung der
Opponenten an den Zivilrichter begründet;

teilweise in Umänderung des rekurrierten Ent-
scheides

erkannt:

Verfügung Justizkommission (Kanton Luzern)

1. Vorliegender Rekurs sei bezüglich Dispositiv 1 des
rekurrierten Entscheides abgewiesen, bezüglich Dis-
positiv 2 desselben, soweit dadurch die Wiederher-
stellung guestl. (?) Trottoirs in den früheren Zustand be-
fohlen wird, gegenstandslos, betreffend die Wieder-
herstellung des Marchsteines an der nordwestlichen
Ecke der rekurrent. Liegenschaft dagegen begründet
und die rekurrierte Erkenntnis in dieser Hinsicht auf-
gehoben.

2. Habe Rekurrent die daherigen Judizialien zu tragen,
die übrigen Kosten, incl. Anwaltskosten beim Augen-
schein, seien unter den Parteien wettgeschlagen.

3. Zufertigung dieser Erkenntnis an die Parteien, so-
wie briefliche Mitteilung an den Gerichtsvizepräsi-
denten von Sursee in Oberkirch.

Luzern, den 24. April 1897.

Namens der Justizkommission,
Der Präsident: Jos. Häfliger.
Der Unterschreiber: J. v. Hospital.

 

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Last update by Daniel Stieger (17 May 2007)