Blatten

Jakob Stieger und Wilhelm Stieger (1874 bis 1912)

Das Gebäudeassekuranzkataster (Lagerbuch) der Gemeinde Oberriet aus dem Jahre 1874/1875 (Staatsarchiv St. Gallen: KA R.171B30) für die Häuser mit den Assekuranznummern 14 (Haus) und 15 (Scheune) zeigt, dass diese 1874 Jakob Stieger (Zimmermann) gehörten. Der "Kubikinhalt" (Rauminhalt) des "gestrickten" Hauses mass 13035 Kubikfuss (etwa 379 m3) und derjenige der Scheune 9300 Kubikfuss (etwa 270.4 m3). Der Wert des Hauses betrug damals 2300 Franken, derjenige der Scheune 800 Franken.

Haus und Scheune gingen 1902 an Jakob's Sohn Wilhelm über. Im Jahr 1905 wurden vermutlich Umbauarbeiten vorgenommen. So wurde die Bauart des Hauses / des Dachs nun nicht mehr mit "gestrickt" angegeben, sondern mit "hart"; ebenso wurde die Scheune nun als Fachwerkbau angegeben. Wilhelm verkaufte dann Haus und Scheune (nicht ganz freiwillig) im Jahre 1915 an den Bahnarbeiter Pius Baumgartner (der Erlös aus der Versteigerung - 3000 Franken unter Versicherungswert, resp. 300 Franken unter Schatzungswert - reichte ziemlich genau zur Deckung der Verbindlichkeiten und Schulden). Vermutlich wurden Haus und Scheune erst im Jahre 1927 ganz zusammengebaut. Bei der Neueinschätzung vom 12. November 1930 mass das Haus 448 m³ (à 33 Franken ~ 14'800 Franken), die Scheune 488 m³ (à 14 Franken ~ 6800 Franken).

Im Katasterplan von 1905 von Oberriet - Staatsarchiv St. Gallen Signatur 'KPK' (noch nicht durchgehend nummeriert) - sind die Häuser mit den Assekuranznummern 14 und 15 zu finden. Die Assekuranznummern sind durchgestrichen dargestellt und bereits mit den neuen Nummern 2224 und 2225 versehen.

Katasterplan Blatten 1905 (Ausschnitt)

Der Nachbarshof mit den Nummern 12 und 13 (mit roten kurzen Doppellinien gestrichen dargestellt) wurde im Jahre 1912 abgebrochen.

Das darüberliegende Fachwerkhaus mit der Assekuranznummer 16 (heute 2222) hatte Wilhelm Stieger im Jahre 1898 von Leonhard Zäch übernommen (Kubikinhalt 15652, Verkaufswert 2300 Franken, Versicherungswert 3500 Franken) und 1907 an August Kühnis (Zimmermann) weiterverkauft (Verkaufswert 2300 Franken, Versicherungswert 3800 Franken). Im Jahre 1915 betrug dann der Verkaufswert 6400 Franken und der Versicherungswert 6200 Franken.

Die dazu gehörende Scheune mit der Assekuranznummer 17 (heute 2223) wurde 1898 mit dem Haus übernommen (Kubikinhalt 12818, Verkaufswert 1300 Franken, Versicherungswert 2000 Franken) und 1907 weiterverkauft (Verkaufswert 1300 Franken, Versicherungswert 2400 Franken).

Und so sieht die Situation heute aus (Sulfistrasse 5):

Südwestlich des Hauses ist anstelle des 1912 abgerissenen Hauses mit Scheune (Nr. 12 und 13) eine Wiese.

Oberriet Sulfistrasse 5

Oberriet Sulfistrasse 5

Haus und Scheune (Sulfistrasse 5) gingen 1902 an Wilhelm über. Vermutlich 1905 wurden die Gebäude umgebaut. Im Haus wurde 1906 vermutlich August Stieger geboren (möglicherweise wohnte die Familie damals aber auch noch im Haus No. 16). Jedenfalls verbrachte August die ersten 10 Lebensjahre in diesem Haus. Das Haus und die Scheune wurden 1917 an Pius Baumgartner weiterverkauft (damals waren die Häuser vermutlich noch getrennt).

Gemäss Florian Meier wurde das Haus schon vor einigen Jahrzehnten der Kirchgemeinde Oberriet vermacht und beherbergt heute den 1966 gegründeten Jugendverein Jungwacht Oberriet.

Oberriet Sulfistrasse 5

Das 1898 von Wilhelm gekaufte und 1907 wieder verkaufte Haus mit Scheune (Sulfistrasse 3, ehemals Haus No. 16) wurde inzwischen durch ein neueres Haus ersetzt. Das ursprüngliche Haus war etwas grösser als heutige an der Sulfistrasse 5.

Oberriet Sulfistrasse 3

Strassenfürung seit 1850

Im ersten Bild ist der Fährplatz eingezeichnet. Von den Häusern an der heutigen Sulfistrasse geht eine direkte Strasse zur Fähre.

Im zweiten Bild ist die Fähre durch die 1870/71 erbaute Holzbrücke ersetzt. Diese ist etwa am Ort der alten Fähre eingezeichnet. Der Rhein ist korrigiert.

Strassenführung seit 1850

1900 wurde die Streckenführung durch Blatten begradigt. Interessanterweise wird die alte Holzbrücke auf der Karte nun etwas rheinaufwärts eingezeichnet [?!]. Die Strasse endet auf der Höhe der Buckstrasse und führt dann durch den Buck. Die Eintracht liegt als an der Durchgangsstrasse. Die Neudorfstrasse durch Blatten ist als kleiner Weg bereits angelegt. Die Buckstrasse wird nach der Abzweigung zum Schlossweg zum Zollhaus (auf Schweizer Seite) neu weitergeführt.

1960 steht die alte Holzbrücke noch (diese wurde erst 1967 ersetzt). Die Weiterführung der Buckstrasse ist wieder aufgehoben. Die Neudorfstrasse ist als befestigtzer Weg eingezeichnet.

1980 die neue Brücke und die Zubringer zur neuen Autobahn sind dargestellt. Man sieht nun in der Detaillierung der Karte die Sulfistrasse ein Stück parallel zur Rheinstrasse und der Schlossweg, welcher ebenfalls ein Stück parallel zur Rheinstrasse verläuft (1960 scheint nur die Unterführung unter der Rheinstrasse hindurch auf die Nordseite existiert zu haben). Die Neudorfstrasse ist nun als Strasse gekennzeichnet. Sie mündet am selben Ort in die Rheinstrasse wie die Sulfistrasse. Die Buckstrasse durch den Buck wurde entlastet indem die Rheinstrasse westlich des Bucks weiter bis an die Ataatsstrasse geführt wurde.

Betreibungsrechtliche Liegenschaftensteigerung 1915

Siehe pdf-Dokument.

Betreibungsrechtliche Liegenschaftensteigerung 1915

Betreibungsrechtliche Liegenschaftensteigerung

Auf Verlangen der Rheintal. Kreditanstalt in Altstätten, und
der Kirchenpflegschaft Oberriet die dem Stieger Wilhelm
Z'mann Blatten=Oberriet gehörenden Liegenschaften auf
erste betreibungsrechtliche Steigerung:

Die Liegenschaften bestehen aus:

1.) Einem Wohnhaus assek. unter No. 14. per frs. 5000.- & Scheune
assek. unter No. 15. per frs. 2800.- total assek. per frs. 7800.-
nebst beiliegendem Boden mit Obstwachs in Blatten=Oberriet;
an Maß lt. Rheinkat. /: @.1.44. :/ = 2249 m². - Grenzt O. an Wälti Gottfried
z. Geflügelhof und an die Straße, S. an Hasler Karl Z'mann und
Hasler Johann, Gemeinderat, W. an Kühnis August Z'mann, N. an
Lüchinger Johannes Zieglers.

Darauf haftet O. halbe & S. ganze Gassbeschwerde -
/: Erworben lt. Prot. No. 579. Bd. XXV. i. J. 1901 :/

Schatzungssumme frs. 9300.-

2.) Ein Stück Fettheuboden im Gütle; an Maß lt. Rheinkat. /: @.1.
69 :/ = 2297 m². - grenzt O. an Zäch Karl z. "Schäfle" Moos &:
Wälti Gottfried z. Geflügelhof, S: an Letzteren & Matt Arnold
Blatten, W. an die Strasse, N. an Thurnherr Joh. Z'mann, Sohn. -
Darauf haftet W: halbe Gassbeschwerde: -
/: Erworben lt. Prot. No. 579. u. 677. Bd. XXV. :/

Schatzungssumme frs. 1200.-

3.) Ein Pferdheumaad auf der Eiche; an Maß lt. Rheinkat. /: @.A.34.
1692 :/ = 5936 m². - Grenzt O. an Hilty David, Kornberg, S. an Ritter
Ulrich Oberkirlen, W. an die S.B.B., N. an den Scheigraben. -

Darauf haftet Betreffnis Rietstrasse, O. ganzes Fahr
& N. halbe Grabenbeschwerde. -
/: Erworben lt. Prot. No. 913. & 651. Bd. XXV. :/

Schatzungssumme frs. 1500.-

Betreibungsrechtliche Liegenschaftensteigerung 1915

Grundpfandrecht

I: 2000 an die Rheintal Creditanstalt Altstätten auf Zif. 1. lt.
Pfandprot. No. 3124. Bd. VIII. -
hiezu Zins bis 1. Mai 1914. 278.50
1 Jahrzins 1. Mai 14 bis 1. Mai 15 113.95

II. 1900 an die gleiche Rheint. Creditanstalt Altstätten auf Zif. 1.2 & 3 z. Teil
lt Pfandprot. No. 3044. Bd XIX.

III. 2400 an dieselbe Rheintal. Creditanstalt auf Zif. 1 bis 3.
lt Pfandprot. No. 2390. Bd. XX.
hiezu Zins bis 1. Mai 1914 801.90
Jahrzins 1. Mai 14. bis M1i 1915 255.10

IV. 1000 an Dux Jakob Gmdammanns Oberriet auf Zif. 1-3.
lt. Pfandprot. No. 2394. Bd. XXII.
hiezu Zins bis 14. Dezember 1914. 75.60
hiezu Zins bis 7. Juni 15 29.60

Im übrigen werden die Liegenschaften in jenen Rechten und
Beschwerden, Zielen und Marken versteigert, wie solche bis anhin
sind benutzt & besessen worden. -

Steigerungsbedingungen

1.) Zu den Liegenschaften gehörend:

a.) Bei den Gebäulichkeiten alles was Haus, Nagel und
Pflaster hält, sowie alles dasjenige, was der Konstruktion nach
beim Abgang einer festen Verbindung auf den regelmäßigen
Betrieb derselben im Sinne des Art. 2. des Gesetzes betr. Ver=
pfändung mechanischer Einrichtungen berechnet ist, bei an=
dern Realitäten, was in natürlicher Verbindung mit Grund
und Boden steht. -

b.) Die in Art. 37 Zif. Abs. 3. des Kantonalen Einführungsgesetzes
aufgeführten Zubehörden, Dimger [?], eingesammelter und un=
eingesammelter Gutsvertrag: -

2.) Der Antritt erfolgt mit der gemeinderätlichen Fertigung.

3.) Der Erwerb derselben erfolgt:

a.) Durch die Uebernahme der auf ihnen haftenden Pfand=
schulden und laufenden Zinsen als Pfandschulden Art. 37. Zif. 5. E.G.

b.) in vorbenannten Rechten & Beschwerden, Zielen & Marken,
für welche jedoch die Beamtung keine Garantie ubernimmt.

c.) Gegen Auslösung des in Faustpfandrechten deponirten
Briefen von frs. ... sei es geben Bezahlung oder Auslösung
bezügl. Obligo; ferner gegen Bezahlung der Grundsteuern
Rhein= & Kanalsteuern, Brandassekuranzsteuer der Ratifi=
kations= & Ver...wertungskosten.

Betreibungsrechtliche Liegenschaftensteigerung 1915

4.) In der Steigerungssumme sind die verfallenden, nicht uber die
laufenden Zinse inbegriffen. - Der Uebererlös über über die
Pfandschulden die in Zif. 3. lit. c. vorbenannten Titel, Steuern, &
Kosten sind innert 14 Tagen nach der Kaufzusage auf jeden
Falle der Ratifikation vorgängig in baar & gesetzl. Münzen, an
das Betreibungsamt einzubezahlen und zwar die Steuern & Kosten
unabzüglich des Meistgebotes d.h. über dasselbe hinaus. -

Es sind daher über dasselbe hinaus zu bezahlen:
Gemeindekassieramt Oberriet frs. 39.25.
Wüst Benedikt, Rhein & Kanalsteuer frs. 42.02
Verwertungskosten frs. 155.-

Meistbietender ist vor Zif- 1-3 mit frs. 9000.- /: Neuntausend :/
Baumgartner Pius, Bahnwärter, Oberriet: -

Oberriet, den 2. Dezember 1915.
Der Betr. Beamte: sig. E. Kühnis.
Der Betr. Beamte=Stellv. sig. A. Stieger
der Ersteigerer: sig. Baumgartner Pius.

A, 19. Jan 1916 wurde vorstehender Akt gemeinderätlich gefertigt.

Alte Richtstätte

Früher fanden alle acht Tage "oder so es Noth tut" auch unter der Woche ein Gericht oder 'Ding' statt. In jedem Hof hab es eine 'Malstadt' (Richtplatz), auf einem freien Platz an offener Landstrasse. Als im Laufe der Zeit die richterliche Gewalt einem Kollegium von speziell hiefür auserlesenen Vertrauensmännern anvertraut wurde, fanden die Gerichtssitzungen gewöhnlich im Rathaus des Hofes statt, und die Urteile wurden auf eigens hiefür bestimmten Richtplätzen ("Schindanger"), an abgelegenen Orten durch den Scharfrichter vollstreckt. In Oberriet war dies 'in den Auen' ausserhalb des Schlosses Blatten oder 'in der Benzen' draussen.

Im Zusammenhang mit der Hinrichtung des Hans Ammann vermutet Georg Dietschi die Richtstätte etwa an der Stelle des heutigen Hauses 2235. Die Quellen besagen, dass sich die Richtstätte in der Au, etwa 85 Schritte nördliche der Österreichstrasse befand.

Oberriet Richtstätte

Die Karte links zeigt den von Georg Dietschi vermuteten Ort des Richtplatzes (siehe Vortrag 'Hans Dietschi, Ammann von Oberriet', p. 26). Die Karte rechts zeigt den Strassenverlauf im Jahre 1887. Der Kartenausschnitt unten stammt aus der Dufourkarte 1853 (Blatt 10). Hier scheint die Strasse vom Fährplatz direkt zu den Häusern an der heutigen Sulfistrasse zu führen.

Oberriet Richtstätte

Der ursprünglich stark andere Strassenverlauf und auch der nördlicher gelegene Verlauf des Rheins macht eine klare Aussage über die Position der Richtstätte schwieriger.

 

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Erstellt durch Daniel Stieger (letzte Nachführung am 23. September 2024)